Michael Vietz: "Ergebnis ist ein deutliches Zeichen - und eine Chance"
Das Ergebnis des Bürgerentscheids vom Sonntag ist ein mehr als deutlicher Auftrag dafür, dass die Planung zur Sanierung der Fußgängerzone deutlich überdacht werden muß. Und durch das knappe Scheitern ebenso die Chance, dies unter entsprechender Bürgerbeteiligung auch zu tun.
In einer Demokratie entscheidet die Mehrheit der Wähler, die zur Urne gehen und abstimmen. Auch wenn bei einem Bürgerentscheid noch die zusätzliche Hürde hinzu kommt, dass 25% der Wahlberechtigten die Frage bejahen müssen, darf eine Zustimmung von 81,29% nicht beiseite geschoben werden..
Wenn letztendlich 416 Stimmen zum Erfolg des Entscheids gefehlt haben, bedeutet das letztendlich nicht anderes, dass immerhin 11.732 Hamelner Bürger ein mehr als deutliches Problem mit der jetzigen Planung zur Sanierung haben. Und es im Zweifel lieber so belassen wollen wie es jetzt ist.
Ein Auftrag "Gut gemacht, weiter so..." an OB und Mehrheitsgruppe sieht deutlich anders aus. Ebenso wie es unzulässig ist, die gut 70% Nichtwähler durch rhetorische Verdrehungen pauschal dem Lager "ich bin zufrieden mit der OB-Planung" zuzurechnen, genauso falsch ist die Unterstellung, die 80% Befürworter wären der etwas sportlichen Argumentation der Initiatoren gefolgt wären, dass ihr "Ja, alles soll so bleiben wie es ist" eigentlich ein "Nicht so" darstellen soll.
Rat und Verwaltung haben am Sonntag einen deutlichen Auftrag erhalten. Den Auftrag, die jetzige Planung und das bisherige Vorgehen deutlich zu überdenken. Offenkundig fühlt sich flächendeckend ein großer Teil der Hamelner nicht richtig mitgenommen. Geschweige denn dass sie davon überzeugt sind, dass die Modernisierung wirklich notwendig sei.
Die städtische Spitze wäre gut beraten, nun in Klausur zu gehen und sich nochmal eingehend mit der Plänen zu beschäftigen. Mit kleinen kosmetischen Änderungen wird es nicht getan sein. Das Gesamtkonzept muß auf den Prüfstand.
Die Diskussionen der letzten Wochen haben gezeigt, dass es nicht nur um die Pflaster-Frage geht. Sondern auch um das Grünkonzept, die Beleuchtung, der gesamten "Wohlfühlatmosphäre". Ebenso, ob am Pferdemarkt oder in der Osterstraße begonnen werden soll. Welche Perspektive die restliche Innenstadt hat. Und vor allem, ob und wie die Finanzen ausreichen und ob die Kostendeckelung eingehalten wird.
Gerade im letzten Punkt trieben zahlreiche Äußerungen der SPD- und FDP-Fraktionsvorsitzenden viele Bürger zu einem "Ja" beim Entscheid.
Es wird auch nicht reichen, dieses nochmalige Nachdenken lediglich in Ausschüssen, Kommissionen oder Arbeitskreisen zu erledigen. Hier tagen und beraten zumeist lediglich Interessengruppen. Entscheidend wird es sein, den berühmten "normalen Bürger" zu erreichen, zu überzeugen und vernünftig einzubinden. Dies ist bislang noch nicht in ausreichendem Maße gelungen. Sei es durch eine bessere Berichterstattung, eine aktuellere Information im Internet, eine Ideenbörse oder durch eine Reihe von Bürgerversammlungen.
Durch das Scheitern des Bürgerentscheids ist ein mehrjähriger Stillstand in der Innenstadt verhindert worden, genauso wie das Risiko, dass die EU-Fördermittel verloren gehen. Das gibt Zeit und Gelegenheit, mit den Hamelnern am Konzept zu arbeiten, es zu verändern, zu argumentieren und durchzusetzen. Diese Chance gilt es zu ergreifen.
Wäre am Sonntag Wahl gewesen, so hätte eine Wahlbeteiligung von gut 30% ausgereicht. 11.732 Wähler hätten die meisten Wahlen mit höherer Beteiligung entschieden. Der OB haben gute 2500 Stimmen weniger gereicht, um ins Amt zu kommen.
Auch deswegen ist nicht angesagt, nun einfach "zur Tagesordnung" überzugehen...
Das Ergebnis des Bürgerentscheids vom 19.04.2009 im Detail.