Im Rahmen der Diskussion um den für die Zukunft in den Blick genommenen Ausbau der Bahnstrecke "Löhne-Hameln-Elze" und die eventuell zu erwartenden Belastungen durch den dann laufenden Güter-Transitverkehr, gibt die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Hameln folgende Stellungnahme.
1.
Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Hameln spricht sich grundsätzlich für eine Verlagerung des Güterverkehrs von der „Straße auf die Schiene“ aus.
2.
Grundsätzlich ist auch eine Elektrifizierung der bisherigen Nebenstrecke „Löhne-Hameln-Elze“ zu begrüßen. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass eine Elektrifizierung der derzeitigen Nebenstrecke nur mit einer „Gesamt-Ertüchtigung“ der Strecke im Rahmen des Planfalles 33 als Maßnahme des Zielnetzes 2025 einherginge.
3.
Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Hameln spricht sich aufgrund des derzeitigen Informationsstandes gegen die Maßnahme „ABS Löhne-Braunschweig-Wolfsburg, 2. Baustufe“ (Planfall 33) im Rahmen des ausschließlichen Nutzen für den Schienengüterverkehr als Maßnahme für das Zielnetz 2025 aus.
4.
Grundsätzlich ist die Ertüchtigung einer Nebenstrecke zu begrüßen. Allerdings stellt die Ertüchtigung der Nebenstrecke ausschließlich im Segment des Schienengüterverkehrs keinen Vorteil für die (Wirtschafts-) Region Hameln-Pyrmont dar. Dieses wäre erst dann der Fall, wenn beispielsweise eine deutliche Verbesserung des Personenverkehrs und eine Revitalisierung des Hamelner Güterbahnhofs als Güterumschlagsplatz auch Zielsetzung wäre.
Die derzeit geplante Ertüchtigung der Nebenstrecke gilt jedoch ausschließlich dem „Transit des Schienengüterverkehrs“ ohne partiellen Nutzen für die Stadt Hameln bzw. dem Landkreis Hameln-Pyrmont. Eine wie von der CDU gewollte Industrie- und Gewerbeansiedlung in Hameln bzw. in der Region wird nicht durch eine Transitstrecke für den Schienengüterverkehr erreicht. Um die Neuansiedlung und das Halten von Industrie und Gewerbe zu ermöglichen, ist zu allererst die Schaffung intelligenter Verkehrsanbindungen zum Autobahnnetz erforderlich.
Festzuhalten ist ebenfalls, dass durch die durchgeführte Bedarfsplanüberprüfung des Schienenzielnetzes 2025 auch keine Untersuchung und Bedarfsabfrage bei heimischen Unternehmen erfolgt, inwieweit eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene möglich wäre.
5.
Nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (BSWAG) ist der Bedarfsplan für die Bundesschienenwege spätestens nach Ablauf von jeweils 5 Jahren vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung danach zu überprüfen, ob er der zwischenzeitlich eingetretenen Wirtschafts- und Verkehrsentwicklung anzupassen ist. Der derzeit noch aktuelle Bedarfsplan trat am 15. September 2004 in Kraft. Mit der Bedarfsplanüberprüfung wurde im Herbst 2008 begonnen und das Ergebnis im November 2010 vom Bundesministerium veröffentlicht.
Nach den Forderungen des Rechnungsprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages und des Bundesrechnungshofes sind sämtliche Projekte des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege, die nicht in Kürze fertig gestellt werden oder nicht bereits überprüft sind, mittels einer Nutzen–Kostenanalyse gesamtwirtschaftlich neu zu bewerten. Davon sind 38 der rund 80 Aus-und Neubauvorhaben des Bedarfsplans betroffen. Dazu wurden Nutzen-Kosten-Analysen analog zum Bewertungsverfahren des aktuellen Bundesverkehrswegeplans 2003 durchgeführt. Die Bewertungen wurden auf Basis der Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen mit dem Prognosejahr 2025 (ein um 10 Jahre erweiterter Prognosehorizont gegenüber den Projektbewertungen zum Bundesverkehrswegeplan 2003) durchgeführt.
Im Rahmen der Bedarfsplanüberprüfung war ein Zielnetz zu entwickeln.
Die im Zielnetz 2025 aufzunehmenden Einzelmaßnahmen müssen die folgenden Bedingungen erfüllen:
1. Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) größer als 1,0 und
2. Beseitigung aller Kapazitätsengpässe im Auswirkungsbereich der betreffenden Maßnahme.
Von den insgesamt 38 überprüfen Bedarfsplanprojekten erreichten dabei 9 Projekte kein NKV von mindestens 1,0, darunter auch ein Projekt aus dem vordringlichen Bedarf des Bedarfplans:
Planfall 12 „ABS (Ausbaustrecke) Minden-Haste / ABS / NBS Haste-Seelze“
Begründet wird das Überprüfungsergebnis mit einer angeblichen Konkurrenz des Planfalls 12 mit den Planfällen 2 und 33 (ABS Löhne-Braunschweig-Wolfsburg, 1. und 2. Baustufe), ausschließlich in ihrem Nutzen für den Schienengüterverkehr. Der Ausbau der Achse Löhne-Hildesheim-Braunschweig-Wolfsburg stellt nach Auffassung der Gutachter eine Alternativroute zu der überlasteten Strecke Minden-Wunstorf-Lehrte dar und soll eine südliche Umfahrung von Hannover für den Güterverkehr schaffen.
Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass insbesondere für den Bereich Ostwestfalen Lippe hier die Bezirksregierung Detmold, dem Vorhaben eines viergleisigen Streckenausbaus zwischen Minden und Haste, als Teilmaßnahme des Planfalls 12, seit Jahren eine zentrale Bedeutung zukommt: „Der bestehende Streckenengpass zwischen dem Bahnhof Minden und dem niedersächsischen Bahnhof Wunstorf ist in grenzüberschreitender Abstimmung durch einen viergleisigen Streckenausbau zu beseitigen. Dabei ist die Beseitigung des bestehenden Streckenengpasses im Geltungsbereich dieses GEB als viergleisiger Ausbau der vorhandenen, zweigleisigen Schienentrasse vorzunehmen. (Quelle: Bezirksregierung Detmold, Beschlussvorlage Regionalrat, RR-14-2011).
Zu berücksichtigen ist, dass der Regionalrat des Regierungsbezirkes Detmold eine Resolution am 09.03.2011 verabschiedet hat, wonach die Schienenausbaustrecke Minden – Haste / Ausbau – bzw. Neubaustrecke Haste-Seelze in das Zielnetz 2025 des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aufgenommen werden soll.
Weiter ist darzulegen, dass eine Realisierung der hiesigen Ausbaustrecke die Grundlage für einen vierundzwanzigstündigen Güterverkehr insbesondere durch die Stadt Hameln, aber auch die Gemeinde Coppenbrügge darstellen würde. Allein in der Stadt Hameln sind ca. 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner von einer eventuellen Ertüchtigung der Nebenstrecke für den Schienengüterverkehr betroffen.
Darüber hinaus ist nicht erkennbar, dass die mit der Lärmproblematik verbundenen Kosten für den sog. Planfall 33 überhaupt hinreichend in die Berechnungen der aktuellen Bedarfsplanüberprüfung eingeflossen sind. Ob in soweit die Investitionskosten für den Planfall 33 in Höhe von 779.000.000 € im Verhältnis zu den Investitionskosten für den Planfall 12 in Höhe von 1.040.000.000 € ausreichend sind, dürfte in soweit bezweifelt werden.
Außerdem ist klarzustellen, dass es sich bei dem Planfall 12 nicht nur inhaltlich, sondern auch formal um eine Maßnahme des vordringlichen Bedarfs im derzeit noch gültigen Bedarfsplan für die Bundesschienenwege handelt, während der Planfall 33 derzeit nur dem „ weiteren Bedarf“ zugeordnet ist.
6.
Die CDU-Fraktion legt Wert auf einen sachlichen Umgang mit der Bedarfsplanüberprüfung. Eine bloße „Panikmache“ gegenüber der Bevölkerung ist weder der Sache dienlich noch einer inhaltlichen Auseinandersetzung der Bedarfsplanüberprüfung im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern förderlich.
Daher fordert die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Hameln die Einrichtung einer landkreisweiten Arbeitsgruppe zum Zwecke der Informationsvertiefung und Meinungsbildung. Die Arbeitsgruppe sollte bei dem Landkreis Hameln-Pyrmont rechtlich aufgehängt sein, damit sichergestellt wird, dass alle von der Bedarfsplanüberprüfung eventuell beteiligten Städte und Gemeinden der Region beteiligt sind. Die Arbeitsgruppe sollte aus Vertretern der jeweiligen Gemeinde-, Stadträte und des Kreistages sowie beispielsweise aus Vertretern der Bürgerinitiativen, des AdU, des DGB und des BUND bestehen.
7.
Vor der Verabschiedung des neuen Bundesverkehrswegeplans im Jahre 2015 ist deutlich darauf hinzuweisen, dass eine einseitige Belastung der heimischen Region durch einen „Transit-Schienen-Güterverkehr“ nicht gewollt ist.