Basta-Politik der Mehrheitsgruppe nicht zukunftsfähig
Erneut hat unsere Stadt mit einem eklatanten Defizit im Ergebnishaushalt in Höhe von über 16,5 Millionen Euro für das bevorstehende Haushaltsjahr zu kämpfen. Nach einem Defizit von über 22 Millionen Euro für das Jahr 2010, über 16 Millionen Euro im Jahr 2011 und weiteren 12 Millionen Euro für das Jahr 2012 summiert sich das Haushaltsdefizit der Stadt Hameln binnen eines Zeitraumes von drei Jahren auf über 50 Millionen Euro. Dieses dürfte in Hameln trauriger Rekord sein. Man möge sich vor Augen führen, dass die Summe von 50 Millionen Euro schon fast die Hälfte des Haushaltsvolumens eines Jahres unserer Stadt ausmacht.
Auch aus dem Haushaltssicherungskonzept, das der Gesetzgeber aufgrund des defizitären Haushalts uns abverlangt, ergibt sich, dass auch für die Zeit ab 2013 noch kein Haushaltsausgleich erfolgt. So wird das Defizit dann in den beiden folgenden Jahren weitere 20 Millionen betragen.
Bei den eingangs genannten Defiziten muss sich jeder im Rat die Frage stellen, ob hier wirklich genug getan wird um zu sparen.
Natürlich gehört auch zur Wahrheit, dass gerade im Bereich der Bildung, allen voran auch im Krippen- und Kindergartenbereich die Ausgaben sich im Vergleich von vor zwanzig Jahren vervielfacht haben. Dieses oftmals ohne ausreichende finanzielle Unterstützung vom Bund oder vom Land. Es ist richtigerweise auch hier im Rat politischer Konsens, dass in diesen Bereichen nicht gespart sondern investiert und für den laufenden Betrieb auch viel Geld in die Hand genommen wird, ohne die Kosten 1 zu 1 auf die Bürger bzw. die Eltern umzulegen.
Dennoch haben wir in den finanziell „guten Zeiten“ unserer Stadt einen Standard an Infrastruktur aufgebaut, den wir in den finanziell immer angespannter werdenden Zeiten auf Dauer in dieser Form nicht aufrechterhalten können. Dieses hat in sehr drastischer Form der Bürgermeister der Stadt Hameln, Herr Herbert Rode, in der Dewezet am 19.05.2010 dargelegt, wonach er auch bereit ist, unpopuläre Wege zu gehen, beispielsweise wenn es um Kultur oder Badeeinrichtungen geht. An dieser Stelle ist dann aber auch einzuflechten, dass derartige in Aussicht gestellte und angekündigte Konsequenzen der SPD dann aber bei der diesmaligen Haushaltsberatung überhaupt nicht gezogen wurden.
Es ist von einigen Ratsmitgliedern auch nicht ehrlich, nun immer nur die „Schuld“ der Bundes- und der Landespolitik zuzuweisen. Zwar gehen wir als CDU auch davon aus, dass es eine Kommunalfinanzreform geben wird. Es soll doch aber keiner glauben, dass diese Kommunalfinanzreform dazu führen wird, dass nun auf einmal plötzlich die Kommunen über ausgeglichene Haushalte verfügen werden.
Dieses unabhängig davon, welche Parteifarbe in Hannover oder Berlin regiert. Wer sich hier öffentlich äußert, dass nur durch eine Kommunalfinanzreform der städtische Haushalt saniert werden könne, sagt den Bürgerinnen und Bürgern nicht die Wahrheit sondern versucht auch von politisch selbstverursachten Entscheidungen aus der Vergangenheit und der aktuellen Gegenwart abzulenken.
Lassen Sie mich anmerken, dass wir als CDU es auch für nicht nachvollziehbar halten, dass die Kommunalaufsicht die Erwartungshaltung an die Stadt Hameln richtet, dass die Haushaltskonsolidierung auch durch eine Verbesserung der Einnahmen vorgenommen werden soll. Aus unserer Sicht ist doch zunächst erst einmal auf der Ausgabenseite über Kürzungen nachzudenken. Dennoch verschließen wir uns nicht den Anforderungen der Kommunalaufsicht. Deshalb haben wir uns dazu durchgerungen, die Gewerbesteuer um 10 Prozentpunkte auf insgesamt 375 Prozentpunkte zu erhöhen. Damit liegen wir nicht nur immer noch deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 401 Prozentpunkten sondern verschaffen den Einzelunternehmern und den Personengesellschaftern in Hameln immer noch die Möglichkeit, die Gewerbesteuer im Rahmen der Einkommenssteuer gemäß § 35 des Einkommenssteuergesetzes anrechnen zu lassen. Dieses bedeutet insbesondere auch für das heimische Handwerk und den personengeführten Einzelhandel keine zusätzliche Belastung. Außerdem ist es die einzige Steuer die die Stadt Hameln seit 2006 nicht erhöht hat, alle anderen kommunalen Steuern sind bereits vorher erhöht worden.
Wir als CDU vermissen aber seit Jahren, dass seitens der Mehrheitsgruppe keine wirkliche und ernsthafte Überprüfung der großen Kostenblöcke unserer Stadt erfolgt. Im Zuge des 2. Nachtragshaushaltes 2009 hat der FDP – Fraktionsvorsitzende Hans-Wilhelm Güsgen in der Dewezet vom 17.06.2009 noch vollmundig verkündet, „das der Rat an die großen Kostenblöcke ran muss. Wir werden ans Eingemachte gehen müssen und kann mir vorstellen, städtische Betriebe auszulagern. Die Bäder können beispielsweise, ähnlich wie die Tiefgaragen, der GWS übertragen werden.“ Recht hat Herr Güsgen. Nur ist es leider bei dieser Äußerung geblieben.
Stattdessen müssen wir beobachten, dass sich die Mehrheitsgruppe von Haushalt zu Haushalt hangelt, die großen Kostenblöcke unangetastet lässt, und einen Investitionsstau von über 22 Millionen Euro vor sich herschiebt. Unabhängig von der Frage der Zugehörigkeit zum Unterhaltungsaufwand oder als Investitionsmaßnahme werden die Rathaussanierung in Höhe von fast 8 Millionen Euro, die Bädersanierung in Höhe von 8,3 Millionen Euro, die Umsetzung des Fahrradkonzepts in Höhe von 1,4 Millionen Euro, der Neubau der Sporthalle Nord in Höhe von 1 Million Euro, der Umbau des Hochzeitshauses in Höhe von 775.000,00 € , die sukzessiven Kosten der Einrichtung einer IGS von über 3 Millionen Euro usw. vor sich hergeschoben.
Wir warten immer noch auf ein Finanzierungskonzept der Mehrheitsgruppe, auf einen Fahrplan, eine Strukturdebatte, die auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist.
Sofern der FDP – Kollege Güsgen im Wirtschafts- und Finanzausschuss die Entscheidung der Mehrheitsgruppe die Erhöhung der Entgelte der städtischen Bäder zu Lasten von Jugendlichen und Familien als mutig bezeichnet, wonach Mehreinnahmen von 13.000,00 € pro Jahr bei einem Defizit der Bäder von 1,45 Millionen Euro und einem Investitionsstau von über 8,3 Millionen Euro erwartet werden, ist dieses wohl eher als Ausdruck der Hilflosigkeit der Mehrheitsgruppe zu werten. Auch bei den städtischen Bädern warten wir immer noch auf einen Fahrplan der Mehrheitsgruppe, wie verfahren werden soll.
In der Sitzung des Ausschusses für Jugend, Sport und Soziales am 12. August 2010 hat die Mehrheitsgruppe noch das Bädererhaltungskonzept der Stadtverwaltung verteidigt. Nun gut, aber wann und was passiert denn mit den Bädern? Wenn mit aller Gewalt die drei städtischen Bäder ohne rechtliche Veränderung erhalten werden sollen, sagen Sie den Bürgerinnen und Bürgern ganz klar ins Gesicht, wann, also in welchem Zeitraum die Bäder saniert werden sollen, und wo das Geld herkommen soll, damit die Stadt Hameln die Bäder in Höhe von 8,3 Millionen Euro sanieren kann? Sagen Sie außerdem, wie Sie den immer größer werdenden städtischen Zuschuss von 1,45 Millionen Euro aufgrund des stetig ansteigenden Defizits im Bäderbereich ausgleichen wollen.
Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass die Mehrheitsgruppe auch unsere Anträge zu einem Sanierungsplan des Rathauses nicht mitträgt. Die Erkenntnisse, die der Arbeitskreis durch das Architekturbüro Hertrampf über den tatsächlichen Zustand des Rathauses im Hinblick auf den Brandschutz erhalten hat, sind besorgniserregend. Wir als Rat haben auch eine Verantwortung den Mitarbeitern im Rathaus gegenüber. Wer von Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Mehrheitsgruppe, will diese, zumindest moralische, Schuld auf sich nehmen, wenn es zu einem Brand im Langbau kommen sollte, und der derzeit nicht gegebene erste Rettungsweg den Mitarbeitern die Flucht nach draußen nicht ermöglicht. Deshalb ist es aus unserer Sicht zwingend notwendig, bereits mit den ersten Maßnahmen im Rathaus im Jahre 2011, deutlicher als von der Verwaltung vorgesehen, anzufangen.
Insoweit ist auf die Aussage der Verwaltung im Finanz- und Wirtschaftsausschuss vom 17.11.2010 zu verweisen, wonach ein Betrag aus den aus 2010 zu übertragenden 400.000,00 € im Ergebnishaushalt bereits für die Rathaussanierung im Rahmen der Sanierung des sog. Schimmelkellers aufgewendet wird. Die Aussage der Mehrheitsgruppe am 17.11.2010, die Sanierung beginne noch nicht in 2011 ist damit bereits widerlegt. Wir als CDU wollen im Investitionsprogramm für 2011 bereits einen Betrag in Höhe von 200.000,00 € eingestellt wissen, um auch im Rathaus „nach innen“ ein Signal zu geben, dass wir es als Politik mit der Rathaussanierung ernst meinen.
Auch bei den diesjährigen Haushaltsberatungen ist wieder deutlich festzustellen, dass die Mehrheitsgruppe nur reagiert, aber nicht agiert. Die Beantragung einer mobilen Rutsche für das Südbad und ein Arbeitsauftrag an die Verwaltung, zu sagen, welche Aufgaben sie zukünftig nicht mehr machen bräuchte, ist angesichts der desaströsen Finanzlage unserer Stadt alles andere als ein großer Wurf der Mehrheitsgruppe.
Natürlich ist es ein Leichtes als Mehrheitsgruppe sich die Anträge der CDU vorzunehmen und nach allen in Betracht kommenden Argumenten zu suchen, um irgendwie zu begründen, dass man als Mehrheitsgruppe die Anträge ablehnen will. Aber unsere Anträge als Mehrheitsgruppe nur abzulehnen ohne auch nur ansatzweise eigene Lösungen für die strukturellen Probleme zu präsentieren, zeigt die immer offener zu Tage tretende Lustlosigkeit der Mehrheitsgruppe, sich mit den Realitäten dieser Stadt auseinanderzusetzen. Hinzu kommt noch die mittlerweile allgegenwärtige „Basta-Politik“ der Mehrheitsgruppe und der Oberbürgermeisterin. Hier ist seitens der Mehrheitsgruppe keine Politik im Konsens mehr gewollt.
Außerdem vermissen wir als CDU auch gänzlich die Berücksichtigung des demographischen Wandels. Jeder hier im Rat muss sich doch darüber im Klaren sein, dass wir eine Infrastruktur aufrechterhalten wollen für eine immer geringer werdende Bevölkerung. Daher muss sich der Rat sehr wohl die Frage stellen, was wir uns als Stadt Hameln auch unter diesem Gesichtspunkt überhaupt noch leisten und an „weichen Standortfaktoren“ noch aufrechterhalten können. Auch hier fehlt eine nachhaltige Politik der Mehrheitsgruppe gänzlich.
Gleiches gilt für das Theater. Unsere Fraktion hat ein gesteigertes Interesse an dem Erhalt und Fortbestand des Hamelner Theaters. Dennoch gehört aber auch zur Wahrheit, dass das Theater jährlich ein Defizit von über einer Millionen Euro im städtischen Haushalt verursacht. Daher ist es auch Aufgabe der Politik, über die zukünftige Struktur des Theaters zu reden. Wir kommen als Stadt mittel- bis langfristig überhaupt nicht umhin, bei Aufrechterhaltung des Theaters über eine veränderte Positionierung und eine andere Struktur des Theaters zu entscheiden.
Wir brauchen in Hameln eine Zielvereinbarung für die Zukunft, welche Standards wir uns leisten wollen und leisten können. Diese Zielvereinbarung ist bei der Mehrheitsgruppe und der Oberbürgermeisterin noch nicht einmal im Ansatz erkennbar. Erkennbar ist aber, dass die Mehrheitsgruppe und auch die Oberbürgermeisterin die meisten Themen einfach aussitzen. Dieses mag momentan noch gutgehen. Eine zukunftsweisende Politik ist dieses nicht.
Anlässlich der Beratungen zum Haushaltsplanentwurf 2010 hat ein Hamelner Journalist erwartet, dass CDU und Bürgerliste dem Haushalt 2010 angesichts des Haushaltsdefizits von über 22 Millionen Euro zustimmen. Der Denkfehler besteht aber darin, dass eine Zustimmung aber nur dann unsererseits erwartet werden kann, wenn auch erkennbar ist, dass eine Zukunftsstruktur im Haushalt abgebildet wird und auch die Opposition sich im Haushalt wiederfindet. Dieses war zum Haushaltsentwurf 2010 nicht der Fall, im Haushaltsentwurf 2011 schon gar nicht. Nur wegen eines Defizits im Haushalt diesem zuzustimmen, weil tränenreich ein Defizit verkündet worden ist, kann wohl nicht ernsthaft erwartet werden. Nochmals: Dann muss ein Zielrichtung erkennbar sein, wie Hameln zukünftig aussehen soll!
Daneben kommt noch erschwerend hinzu, dass wir es begrüßt haben, dass auch die Mehrheitsgruppe im Vorfeld der Haushaltsverabschiedung mit uns als CDU reden wollte. Der von uns vorgeschlagene Termin am 08. November 2010 wurde dann aber von der Mehrheitsgruppe nicht angenommen und es kam seitens der Mehrheitsgruppe kein eigener Terminvorschlag. Die Mehrheitsgruppe reagierte nicht mehr. Es kam zu keinem Besprechungstermin, um sich über den Haushalt 2011 auszutauschen. Stattdessen haben wir dann in der Sitzung des Finanz- und Wirtschaftsausschusses am 17.11.2010 erstmals, wie die übrige Öffentlichkeit, die mündlich gestellten Anträge der Mehrheitsgruppe gehört. In einem Atemzug erfolgte dann auch die Ablehnung der von uns gestellten Anträge durch die Reihe weg seitens der Mehrheitsgruppe.
Wie groß muss das Haushaltsdefizit eigentlich noch werden, bis dass seitens der Mehrheitsgruppe ernsthaft daran gedacht wird, den Haushalt inhaltlich aufzuarbeiten und wirklich auf eine breitere Basis hier im Rat zu stellen.
Angesichts eines erwarteten Haushaltsdefizits von über 50 Millionen Euro in der Zeit von 2010 bis 2012 ist die „Basta-Politik“ der Mehrheitsgruppe und der Oberbürgermeisterin nicht nur nicht zeitgemäß sondern eine Verhöhnung der finanziellen Situation unserer Stadt.
Es ist kein Geheimnis, dass das Klima hier im Rat schon seit geraumer Zeit angespannt ist. Mit der von der Oberbürgermeisterin und der Mehrheitsgruppe immer offener zu Tage tretenden „Basta-Politik“ wird die Kluft zwischen der Mehrheitsgruppe plus Oberbürgermeisterin auf der einen Seite und der Opposition auf der anderen Seite nur noch deutlich vergrößert.
Angesichts der nicht ernsthaft gewollten Auseinandersetzung der Mehrheitsgruppe mit unseren Anträgen verweise ich an dieser Stelle deshalb auf unsere schriftlich gestellten Anträge, die wir heute zur Abstimmung stellen werden. Da wir unsere Anträge schriftlich bereits begründet haben, verweise ich daher auf diese schriftlichen Begründungen, die, sofern von der Mehrheitsgruppe gewollt, seit dem 12.11.2010 gelesen werden konnten, wenn man es denn will und wollte.
Weserbergland-Nachrichten: ausführliche Begründung des Neins zum Haushalt 2011 durch Claudio Griese